Von Dr. phil. Clemens Heni (Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, 2006), 02. November 2022

 

Es ist sehr wichtig und aktuell, neben der kapitalistischen Zurichtung, dem ungehinderten Florieren von postkolonialem oder muslimischem, linkem sowie deutsch-nationalem und sonstigem Antisemitismus, patriarchale Strukturen gerade in der Wissenschaft aufzubrechen, da bis heute weit weniger Frauen Professuren haben als Männer. 1999 gab es weniger als 10 Prozent Professorinnen, bis 2021 hat sich der Anteil auf 27 Prozent erhöht. Das ist immer noch sehr wenig. Dabei sind Frauen nicht klüger als Männer, sie können genauso irrational, antidemokratisch und dem ZeroCovid-Wahn frönend sein wie Männer und alle anderen Geschlechter.

Gleichwohl werden völlig zu Recht an vielen Universitäten Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt, wobei ohnehin klar ist, dass dies nicht das einzige Kriterium ist, Beziehungen und eine dem woken Mainstream passende politische Einstellung sind ebenso entscheidend. Bewerben Sie sich mal als Politikwissenschaftler auf eine Professur in Osteuropa-Studien, wenn bekannt ist, dass Sie gegen nach Holocausttätern und Antisemiten in der Ukraine benannte Straßen, Plätze oder Fußballstadien sind, ja sich sogar gegen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine und für eine diplomatische Lösung des Krieges Russlands gegen die Ukraine aussprechen. Aber es kommt noch viel offenkundiger, es geht jetzt um eine Form der institutioneller Ausgrenzung mit allerbestem Gewissen in Österreich oder Deutschland:

Nehmen wir einen medizinisch ungebildeten, typisch ‚unpolitischen‘, angepassten, kleinbürgerlichen Familienvater und kürzlich promovierten Nachwuchswissenschaftler in Architektur. Er bewirbt sich auf die gleiche Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter (m/w/d) wie eine medizinisch informierte, dem verarmten Landadel entstammende, demokratisch gebildete, kinderfreie, selbst denkende, nicht apportierende und ebenfalls mit „summa cum laude“ promovierte Frau, die Nachwuchswissenschaftlerin in Architektur ist. Es mangelt massiv an Frauen im Bereich Architektur. Die Technische Universität Graz hat wie viele Universitäten folgende Regelung:[1]

„Erhöhung des Frauenanteils

Die Technische Universität Graz strebt eine Erhöhung des Frauenanteiles, insbesondere in Leitungsfunktionen und beim wissenschaftlichen Personal an und lädt deshalb qualifizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung ein. Im Falle von Unterrepräsentation werden Frauen bei gleicher Qualifikation vorrangig aufgenommen.“

Hört sich toll an. Sicher werden die FPÖ oder die AfD und Orbán-Anhänger*innen jetzt losbrüllen, das sei „Gender-Wahnsinn“, Männerrechtler werden zum kollektiven Komasaufen oder einem Seminar und einer Lesung mit dem Männerforscher Jordan B. Peterson einladen, um den Schock und die Diskriminierung zu verarbeiten, so wie ‚echte Männer‘ so etwas verarbeiten. Sicher, die Beherrschung der englischen Sprache, neben der deutschen, und das in „Wort und Schrift“ kommt als „allgemeine Voraussetzung“, wenn man an der TU Graz arbeiten möchte, noch hinzu. Die TU Graz ist insgesamt fortschrittlich und gegen Diskriminierung:

„Die Technische Universität Graz bemüht sich aktiv um Vielfalt und Chancengleichheit. Bei der Personalauswahl dürfen Personen aufgrund des Geschlechts, der ethischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung nicht benachteiligt werden (Antidiskriminierung).
Menschen mit Behinderung und entsprechender Qualifikation werden ausdrücklich zur Bewerbung eingeladen.“

Das mit der “ethischen” Zugehörigkeit ist sicher ein Freud’scher Vertipper, da die TU Graz gerade nicht ethisch ist – es sollte hier zudem “ethnisch” heißen. Wie ganz Österreich (oder Deutschland) ist also die TU Graz auf der Höhe der Zeit. Weder das „Geschlecht“, die „ethnische Zugehörigkeit“, „Weltanschauung“, „Religion“ oder „sexuelle Orientierung“ dürfen ein Grund sein, diskriminiert zu werden. Behinderte werden bei gleicher Qualifikation „ausdrücklich zur Bewerbung eingeladen“.

Nehmen wir an, der frisch promovierte Architekturforscher ist paradoxerweise sowohl ein Anhänger von Brutalismus als auch Rekonstruktionsarchitektur (Altstadt Frankfurt am Main, Humboldtforum Berlin etc.), die junge promovierte Architekturforscherin eher vom Bauhaus fasziniert und eine ausgesprochene Kritikerin der Rekonstruktionsarchitektur. Fachlich, was die Architekturgeschichte, das Zeichnen, Entwerfen und Planen betrifft, sind beide gleichermaßen herausragend qualifiziert.

Nun ist also unsere junge, weltoffene, kinderfreie Architekturforscherin umfassender gebildet als ihr eher herkömmlich fachidiotischer Kollege, der außer seiner Karriere, einem festen Job, einem kleinen Haus, einem feschen Auto mit toller Stereoanlage, Treffen mit seinen „Kumpels“, einer Frau mit zwei bis vier Kindern (in dieser Reihenfolge) kein weiteres Ziel im Leben hat. Wer also wird den Job bekommen? Die Antwort ist ganz klar: der junge Mann. Warum?  Wegen den Kindern? Oder dem Brutalismus? Hat die TU Graz nicht extra auf ihrer Homepage geschrieben:

„Die Technische Universität Graz strebt eine Erhöhung des Frauenanteiles, insbesondere in Leitungsfunktionen und beim wissenschaftlichen Personal an und lädt deshalb qualifizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung ein. Im Falle von Unterrepräsentation werden Frauen bei gleicher Qualifikation vorrangig aufgenommen“?

Aktuell gibt es nur vier Professorinnen an der Fakultät für Architektur der TU Graz, aber 11 männliche Kollegen.[2] Frauen sind dort also unterrepräsentiert. Und eine Post-Doc-Stelle könnte den Weg weisen für eine spätere Professur. Doch unsere junge, gebildete , kritische und selbst denkende promovierte Architekturforscherin hat keinerlei Chance. Warum? Das liegt am pandemic turn und den völlig neuen Bedingungen, um an der TU Graz angestellt zu werden:

„COVID-19 Impfung

Als Universität ist uns der Schutz der Gesundheit unserer Studierenden und Mitarbeitenden sehr wichtig. Aus diesem Grund wird Bewerberinnen und Bewerbern mit Nachweis einer vollständigen COVID-19 Schutzimpfung bei gleicher fachlicher Eignung der Vorzug gegeben.“

Das glauben Sie nicht, dass das da steht, oder? Es ist unglaublich. Es ist ein Screenshot der Seite der TU Graz vom 2. November 2022.

An der TU Graz herrscht bei Neueinstellungen die Impf-Apartheid.  Ob dieser skandalöse und die Menschenwürde beschädigende Vorgang ein Einzelfall ist? Gibt es solche Regelungen auch an anderen Universitäten oder sonstigen Einrichtungen jenseits des medizinischen Bereichs, wo in Deutschland immer noch die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt?  Die TU Graz katapultiert sich Jahrzehnte zurück, am Beispiel bei der Diskriminierung von Aidskranken wurde erreicht, dass schon die Frage nach einer HIV-Infektion illegal ist:

„Grundsätzlich gilt: Bei Bewerbungsgesprächen und Einstellungsuntersuchungen muss der Bewerber den Arbeitgeber nicht über seine HIV-Infektion informieren. Der Arbeitgeber darf auch nicht danach fragen. Stellt er die Frage trotzdem, darf der Arbeitnehmer sogar lügen.“[3]

Auch in Florida ist es jeglichem Geschäft unter Strafe untersagt, den Impfstatus abzufragen.[4]

Ob das Präsidium, Direktorium, die Dekanate und Personalabteilungen, die Professorinnen (w/m/d), Lehrbeauftragten und alle anderen Beschäftigten an der TU Graz ihre eigene Heuchelei gar nicht merken? Wie kann eine Universität, die sich angeblich gegen alle möglichen Diskriminierungen wendet, eine so skandalöse Meta-Diskriminierung einführen, die Impf-Apartheid, die ja alle anderen Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder „Weltanschauung“ toppt? Die Impf-Apartheit an der TU Graz muss gekippt werden, wie überall. Jetzt sind Jurist*innen gefragt und ein öffentlicher Aufschrei, der den Fanatiker*innen in Graz klar macht, dass man Menschen nicht nach Impfstatus selektiert, da man Menschen überhaupt nicht selektiert.

Die  ‚Impfungen‘ gegen SARS-CoV-2 sind eine „Gentherapie“, so der Nachfolger von Nazi-IG-Farben, die Firma Bayer, auf dem World Health Summit am 24. Oktober 2021 in Berlin. Die Impfungen bringen keine sterile Immunität. Jeder Geimpfte kann exakt so lange und intensiv ansteckend sein wie ein nicht Geimpfter. All diese Erkenntnisse der Forschung haben die Irrationalisten und Antidemokraten (m/w/d) in Graz nicht mitbekommen. Und selbst wenn es eine richtige Impfung wäre mit steriler Immunität – und die klinische Immunität bei den Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 zeigt sich daran, dass sie schwere Verläufe und den Tod gerade nicht immer verhindern, fast alle Toten sind gar mehrfach geimpft –, wäre es eine Impf-Apartheid, ein biopolitischer Angriff nicht gekannten Ausmaßes. Dass manche Behinderte gar nicht geimpft werden können, wird als mögliche Ausnahme noch nicht mal erwähnt, auch wenn das die totalitäre Impf-Apartheid an der TU Graz nur kosmetisch schönfärben würde.

Knapp drei Jahre nach Beginn der Pandemie möchten jetzt also führende Institutionen die irrationale Coronapolitik verstetigen, ja institutionalisieren. Allein in Deutschland sind über 10 Millionen Menschen nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft, aus welchen Gründen immer. Ein nicht gerade kleiner Teil davon ist akademisch ausgebildet, da insbesondere die Coronapolitik-Protestbewegung eine mittelständische Bewegung ist, auch viel Ärztinnen und Ärzte sowie geistes- und sozialwissenschaftlich ausgebildete Wissenschaftler*innen sind dort aktiv. All die hätten keinerlei Chance, sich an der TU Graz bewerben. Das betrifft mich auch selbst, immerhin war ich vor dem pandemic turn selbst an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Universität Hannover als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt.

Wir leben im pandemic turn, der alle anderen ‚turns‘ läppisch aussehen lässt, den linguistic turn, den cultural turn, den spatial turn und Dutzende weitere Modeerscheinungen und ‚turns‘ in der akademischen Welt. Über 50 Jahre nach 1968 und dem Aufbruch zu einer demokratischeren Universität, mit weniger  Nazis und weniger autoritären Charakteren, ist die Situation heute dramatischer als zuvor. Heute wird man wie an der TU Graz als selbst denkender und nicht gegen eine Krankheit, die für Menschen unter 70 Jahren so ungefährlich ist, wie der Weg zur Arbeit, wie die Weltgesundheitsorganisation epidemiologisch herausgearbeitet hat, ausgeschlossen und kriegt keinen Job. Diese Anmaßung von epidemiologischen und demokratischen Analphabeten (w/m/d) ist beispiellos für die Zeit seit 1945. Vermutlich ist allein der Anblick von Menschen, die eine solche Impf-Apartheid ausgeheckt, diskutiert  und beschlossen haben, für Menschen unter 70 Jahren weit lebensgefährlicher als das Virus SARS-CoV-2.

 

 

[1] https://www.tugraz.at/tu-graz/karriere/ausgeschriebene-jobs/ausgeschriebene-wissenschaftliche-stellen-ausser-professuren.

[2] https://www.tugraz.at/fakultaeten/architektur/fakultaet/personen/professorinnen (Stand 02. November 2022).

[3] https://www.aidshilfe.de/arbeitsrecht#tab-4.

[4] https://www.flgov.com/wp-content/uploads/2021/04/EO-21-81.pdf.