Von Dr. phil. Clemens Heni, 23. November 2021

Als Anhang zu meinem letzten Text und dem Moerser Modell:

Aktuell werden wie vor einem Jahr ca. 50 Prozent aller Coronapatient*innen auf Intensivstationen invasiv beatmet. Diese Menschen haben eine sehr geringe Überlebenschance.

Das müssten die deutschen Intensivmediziner*innen eigentlich wissen, da schon im Jahr 2020 das Moerser Modell der nicht-invasiven oder äußerst spärlichen invasiven Beatmung Furore gemacht hatte. Aber das Intensivregister von heute zeigt 51 Prozent invasiv Beatmete, das hört sich schockierend an:

 

Einer der führenden deutschen Lungenfachärzte, Thomas Voshaar, Chefarzt der Lungenklinik im Krankenhaus Bethanien in Moers, hat seit Frühjahr 2020 auf die enormen Gefahren der invasiven Beatmung hingewiesen. Vor wenigen Tagen erst schrieb er mit seinem Kollegen Dieter Köhler, von 1989 bis 2014 Präsident des Verbandes Pneumologischer Kliniken:

Viele Studien zeigen eindeutig, dass die Intubation bei gleichem Schweregrad die Todesrate mindestens um den Faktor 5 bis 6 erhöht, bei manchen Kliniken sogar um über 10. Das gilt auch für die fast immer unnötige ECMO-Therapie, bei der die gleichen pathophysiologischen Prinzipien gelten. Aufsummiert sind das inzwischen mehrere 100.000 nicht notwendige Tote weltweit.

Und da fragt man sich als Bürger oder Mensch doch einfach: Arbeiten auf deutschen Intensivstationen so wenige Lungenfachärzt*innen, die Kompetenz haben und sich mit der Kritik von Voshaar und Köhler und anderen an der invasiven Beatmung befassten, dass die weiterhin zu über 50 Prozent die Covid-19-Patient*innen invasiv beatmen und damit deren Leben offenkundig verkürzen? Ein Hauptgrund mag das Aufrechterhalten der Massenpanik sein – Atemnot, Beatmung, Tod, Ersticken, mit den entsprechenden Beatmungsschläuchen, also DIE Themen für die panikgeilen Medien der Panikindustrie von Tagesschau und ZDF bis hin zu allen Tages- und Wochenzeitungen bzw. Journalen.

Wer jedoch jemals live auf einer Intensivstation (jenseits des Themas Corona) erlebt hat, wie harmlos ein Abfall der Sauerstoffsättigung von 100 Prozent auf 70 oder 80 Prozent ist oder sein kann, wenn nicht zugleich der Hämoglobin-Wert (hb-Wert) massiv sinkt oder die Herztätigkeit zu schnell oder unregelmäßig wird (wenn ich das als Laie richtig verstanden habe bei Voshaar), der wird einfach nur skeptisch, ob auf deutschen Intensivstationen überhaupt seriös oder nicht panisch und mit riesigem Geschrei der Funktionäre gearbeitet wird.

Es ist faszinierend, was Voshaar und Köhler schreiben:

Die Angst vor einer niedrigen Sättigung bei Pneumonie ist umso erstaunlicher, da beispielsweise manche Patienten mit schwerem Übergewicht viele Jahre im Schlaf über Stunden SaO2-Werte von 40 bis 60 % haben können. Das beeinträchtigt sie keineswegs, von einer gewissen Schläfrigkeit am Tage einmal abgesehen. Es sind die gleichen Ärzte, die das öfters auch auf einer Intensivstation bei Übergewichtigen sehen und nie auf die Idee kämen, diese Patienten zu intubieren.

Also, Divi-Intensivregister und RKI: Warum werden auch nach bald zwei Jahren Corona-Krise weiterhin 50 Prozent der intensivpflichtigen Covid-19 Patient*innen invasiv beatmet, obwohl oder weil dadurch die “Todesrate mindestens um den Faktor 5 bis 6 erhöht” wird?