Von Dr. phil. Clemens Heni, 15. August 2020

Das ist einer der größten geoplitischen Paukenschläge der letzten Jahrzehnte in Nahost: Am Donnerstag den 13. August 2020 verkündete US-Präsident Trump in einer gemeinsamen Erklärung Amerikas, Israels und den Vereinigten Arabischen Emiraten, dass die Vereinigten Arabischen Emirate (United Arab Emirates, UAE) und Israel normale diplomatische Beziehungen aufnehmen werden.

Nach Berichten der Times of Israel (TOI) könnte die Unterzeichnung der Urkunden in ca. drei Wochen stattfinden. Nach Ägypten (1979) und Jordanien (1994) wären die Vereinigten Arabischen Emirate erst das dritte arabische Land, das diplomatische Beziehungen zu Israel aufnimmt. Ein wahrhaft historischer Erfolg, wie der Gründer der Times of Israel David Horovitz betont.

Bislang wurde immer gedacht, ausschließlich nach der Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts sei eine Friedenslösung mit den arabischen Staaten möglich. Das dachten so gut wie alle Expert*innen, wie der amerikanisch-israelische Politiker, ehemalige Botschafter Israels in den USA und Buchautor (“Ally”)  Michael B. Oren unterstreicht.

Doch die Palästinenser weigern sich seit Jahren, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Israel unter Benjamin Netanyahu verfolgt seit Jahren einen sehr nationalistischen Kurs, der nicht nur innenpolitisch  scharf kritisiert wird. Die geplante Annexion von weiten Teilen des Westjordanlandes am 1. Juli 2020 hatte die Befürchtungen bestärkt, dass Israel diplomatisch russisches Roulette spielt und den Zionismus, der gerade auf einer Übereinkunft mit den Palästinensern (“zwei Völker, zwei Staaten”) aufbaut, in Gefahr bringt.

Doch jetzt zeigt die Übereinkunft mit einem führenden arabischen Land wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, dass es ganz anders kommen kann als gedacht: Im Gegenzug zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen legt Israel seine Annexionspläne auf Eis, das war die Bedingung der Vereinigten Arabischen Emirate.

Die Palästinenser hingegen drehen mal wieder durch, die Palästinensische Autonomiebehörde spricht von Verrat, palästinensische Aktivisten zertrampeln und verbrennen Fahnen der Vereinigten Arabischen Emirate mit dem Bild des de facto Herrschers Mohammed bin Zayed Al Nahyan und sehen nicht die pro-palästinensische und pro-israelische Position eines führenden arabischen Staates.

Auch rechtsextreme Israelis aus der national-religiösen Bewegung wie der Yamina-Politiker Bezalel Smotrich oder  der Siedleranführer David Elhayani kriegen die Vollkrise und attackieren Netanyahu – dessen Rücktritt aus völlig anderen (und nachvollziehbaren) Gründen (u.a. Korruption, Nationalismus, Einschüchterung der Judikative, aggressive Coronapolitik) in den letzten Monaten eher scharf linke und liberale Gruppen und Protestierende mit Großdemonstrationen, Sitzblockaden und auch gewalttätigen Aktionen fordern.

Es haben bereits weitere arabische Länder erkennen lassen, dass auch sie möglicherweise diplomatische Beziehungen zu Israel aufnehmen könnten, wie Oman oder Bahrain.

Natürlich ist der gemeinsame politische Feind Iran ein zentraler Aspekt. Aber geschickte Diplomatie des Mossad scheint wegweisend gewesen zu sein in diesem für den Frieden in der Region historischen Schritt.

Wir wissen nicht, ob Netanyahu seine offensiv verkündete Annexion des Westjordanlandes nur machte, um dann die Nicht-Annexion als großen Erfolg zu feiern – denn einen viel größeren Erfolg als diplomatische Beziehungen mit einem arabischen big player hat es lange nicht gegeben in Nahost und für Israel. Das betont auch der diplomatische Korrespondent der Times of Israel, Raphael Ahren, der in diesem Abkommen den größten außenpolitischen Erfolg Netanyahus in der langen Zeit als Regierungschef Israel sieht, ja es handele sich um eine “diplomatische Sensation”:

Indeed, Netanyahu pulled off an unparalleled diplomatic sensation. Securing a full-fledged peace agreement with an Arab state that had hitherto been, and insists it remains, a steadfast supporter of the Palestinian cause, all the while unapologetically expanding settlements and reducing the prospects for a future two-state solution, will likely go down as the greatest foreign policy accomplishment of his long career.

Lustig ist, dass in Deutschland ja das Ressentiment gegen den Mossad vorherrscht. Erst kürzlich meinte die ehemalige Chefredakteurin der taz (1998-2009) und der Frankfurter Rundschau (2014-2020) Bascha Mika – die im Bereich der feministischen Kritik und im Kampf gegen die Männerdominanz in den Medien viel geleistet hat -, ein deutsch-iranisch-israelischer Aktivist, Publizist und Regierungsmitarbeiter wie Arye Sharuz Shalicar in Israel stünde für das ganz Böse, den Mossad (das Interview Mika/Brumlik, inklusive der Attacke auf den Antisemitismusbeauftragten der Deutschen Bundesregierung Felix Klein, wurde umgehend in der FR selbst von Meron Mendel kritisiert):

Shalicar berät den Mossad, das ist kein Geheimnis. Gleichzeitig wird er bei seiner publizistischen Arbeit von der Bundesregierung unterstützt. Heißt das, der israelische Geheimdienst nimmt auf diesem Wege Einfluss auf die Debatte in der deutschen Öffentlichkeit?

Darauf ihr kuschliger Gesprächspartner Micha Brumlik:

Indirekt ja.

Und jetzt sehen wir: Der Mossad ist noch viel dreister, krasser und schafft eine historische Tat, die Annäherung der arabischen Welt an den jüdischen Staat Israel! Aus dem “indirekten” Einfluss wird ganz konkrete Weltpolitik in Nahost.

Dank dem Mossad und seinem Chef Yossi Cohen, der viele Reisen unternahm und die historische Übereinkunft diplomatisch vorbereitete, gibt es jetzt also eine große Hoffnung auf Frieden und israelisch-arabische Kooperation in der gesamten Region.

Fazit: Es lebe die jüdische-arabische Kooperation gerade nicht im Sinne der Antizionisten, die die Einstaatenlösung wollen, sondern im Sinne der Vereinigten Arabischen Emirate und des zionistischen Mossad. Mazl tov!