Original auf Wadi.net am 3. Januar 2008

Er meint es doch wirklich gut. Rassismus greife um sich, die Muslime in der Defensive. „Wehret den Anfängen“ meint er. Also ein richtig guter Mensch, der Hagen Rether, Nachwuchshoffnung der deutschen Kabarettszene. Er vergleicht die Demokratie mit dem Jihadismus und dessen Massenmörder Bin Laden und suggeriert dass die Muslime die Juden von heute und morgen seien. Jüdische Kritiker wie Ralf Giordano oder Henryk M. Broder hingegen seien Protagonisten einer bösen Kampagne gegen den Islam und die Muslime in Deutschland. Selbst der Papst sei mittlerweile gegen Mohammed. Und vor allem die Presse. Da muss dagegen gesteuert werden. Rether möchte weiterhin, wie er selbst sagt, Multikulti-Kuscheln. Ideologiekritik – und Religionskritik, welche immer der Beginn hiervon ist – sind hingegen pfui, solange sie nicht Christen oder Juden meinen.

In einem Jahresrückblick der meist gesehenen politischen Kabarett-Sendung – dem legendären Scheibenwischer in der ARD – am 29.12.2007, zeigte Rether eindrücklich, was er meint. Mehrere Cover von Spiegel und Stern mit jeweils schwarzem Hintergrund zeigen für ihn demnach wie arg die Muslime in Deutschland in Bedrängnis stehen. Dass schwarz z. B. der Schleier im Iran ist oder die BlackBox in Mekka, um welche erst kürzlich wieder Millionen Gläubige wie magnetisch angezogen im Viereck liefen, was das wohl für die Farbe schwarz bedeuten mag? Die Muslime seien die „neuen Sündenböcke“. „Neu“? Wer waren die alten? Dass zwar nicht alle Muslime Terroristen sind, gleichwohl so gut wie alle Terroristen derzeit Muslime – um den Herausgeber einer arabischen Zeitung zu zitieren -, hat sich bei der ARD noch nicht herumgesprochen.

Vielmehr sekundiert Rether den Ex-Tagesthemen-Frontmann Ulrich Wickert und posaunt heraus, dass doch Bush wie Bin Laden „Giftmischer“ seien. Wow! Wer denkt das denn nicht in Deutschland und Europa oder von Tony Judt über Noam Chomsky, Arundhati Roy, Claudia Roth und Norman Finkelstein bis Moshe Zuckermann? Die USA seien seit 9/11 „komplett paranoid“, die Deutschen schon vor einem Anschlag, wie die ARD-Nachwuchskabarett-Hoffnung meint. Die Pulverisierung von 3000 Menschen im World Trade Center macht so einem ganz normalen deutschen Dhimmi offenbar gar nichts aus. Schrecken vor weiteren Massenmorden wie jenen von 9/11 oder gar die unaussprechliche Angst vor der angekündigten Zerstörung Israels durch eine schwarze, islamisch-antijüdisch motivierte Bombe aus Teheran, irritieren den Gutmenschen Rether offenbar gar nicht.

Schon in früheren Beiträgen hatte Rether seine urdeutschen Ressentiments gegen Amerika im allgemeinen und George W. Bush im speziellen gezeigt, die Jihadisten nimmt er in Schutz, wenn er sagt, die Terroranschläge am 11. März 2002 in Madrid hätten in München stattgefunden, wenn Angela Merkel damals schon Kanzlerin gewesen wäre. Was für ein deutscher Schenkelklopfer. Rether greift nun am 29.12.2007 im Scheibenwischer namentlich Ralf Giordano, Günter Wallraff und insbesondere Henryk M. Broder an, welche alle drei in einer lange geplanten, gleichsam verschwörerischen Aktion den Islam kritisierten und böse Hetze betrieben.

Zumal Broder möchte Rether Tipps geben und macht sich über dessen Bestseller „Hurra wir kapitulieren“ lustig – demnach habe Broder „vor seiner türkischen Putzfrau kapituliert“. Ein lustiger Witz. Dass gerade Broder ziemlich zurückhaltend argumentiert und nichts gegen Moscheen hat oder religiöse Leute, aber darauf insistiert, dass parallel doch bitteschön auch in Saudi-Arabien große oder auch kleinere Gebetshäuser, Kirchen gar, gebaut werden sollten, wenn schon im Westen nonstop islamische Gotteshäuser gebaut werden, das fällt bei der ARD natürlich unter den schwarz lackierten Flügel, an dem Rether so gerne sitzt. Er möchte einen „Kuschelkurs“ mit den Muslimen – „was auch sonst?“ Der gut achtminütige Beitrag meint, dass weder „Zwangsheirat“ noch „Ehrenmord“ relevante Topoi seien – schließlich würde an Weihnachten auch in christlichen Familien manch Verbrechen verübt. Wenn man alleine das brutale Stopfen von Gänsen sich anschaut, damit deren Leber schön dick werde und sie an Weihnachten gut schmecke, liegt der
Wahrheitsgehalt von Rethers Kritik an Weihnachten offen vor uns.

Für die ARD und ihren Scheibenwischer sind George W. Bush und Bin Laden Brüder im Geiste, beides „Giftmischer“, der Jude Broder – Rether sagt natürlich nicht „Broder, der Jude“, aber er denkt es – ein elender Scharfmacher gegen den Islam und was ist das Resultat? „Wehe uns, wenn hier demnächst die Moscheen brennen…“, raunt der Islamversteher. Der Spiegel kritisiere den Islam und den Koran, das sei unerhört. „Wir hatten hier schon mal eine Zeit, wo man Bücher für gefährlich hielt…“ Aha. Welche Zeiten? Die Nazi-Zeit gar? Nicht möglich! Die Muslime also als die Juden von heute?

Die FAZ frohlockt: „Keine Frage, mit Rethers kurzweilig-intelligenter, oft hochpolitischer Pianoplauderei ist das deutsche Musikkabarett endlich im 21. Jahrhundert angekommen.“ Rether spricht von „Israel, ein ganz normaler Apartheidstaat“. Antisemitismus ist nicht nur der längste Hass auf eine bestimmte Gruppe Menschen, den diese Welt kennt. Er nennt sich nach Auschwitz und nach 1967 auch noch Antizionismus. Das hört sich demokratischer an. Und er ist ein prima Geschäft.

Am 10. Februar 2008 bekommt Hagen Rether dafür den wichtigsten Preis für dieses Genre in Deutschland verliehen, den Deutschen Kleinkunstpreis, direkt neben seinem Vater im Geiste, Dieter Hildebrandt, der ihn an diesem Tag für sein „Lebenswerk“ erhalten wird. So fängt das Jahr 2008 an. Doch 2008 wird das Jahr Israels werden. Da können die Deutschen Klein- oder Mittel- oder Großkunstpreise für Judenfeinde verleihen wie sie wollen.