Über „sportliche Nazis“ 1936, Carl Diems „Olympische Jugend“, „Opfertod“ und Friedrich Schillers „Ode an die Freude“

 

Berlin möchte seiner Vergangenheit eine Zukunft geben und im gleichen Stadion, in dem schon 1936 der Nationalsozialismus Olympische Spiele abhalten durfte, wieder fröhlich feiern. Trotz der nicht einmal ansatzweise in Frage gestellten deutschen Vorherrschaft in Europa im Jahr 2015, wird man in Berlin ganz dünnhäutig, wenn Kritik, und sei es satirische, an der so typisch Berlinerischen, ungezwungen-krampfhaft-megalomanischen Olympia-Bewerbung deutlich wird.

Screenshot Deutschlandradiokultur 11022015

 

 

Im Folgenden sei eine Stelle aus meiner Dissertation „Ein Völkischer Beobachter in der BRD“ von 2006 an der Uni Innsbruck („summa cum laude“) dokumentiert, die sich mit der Olympiade 1936 und dem heutigen Forschungsstand bezüglich Sport und NS-Ideologie befasst. In der Dissertation geht es um einen führenden Ideologen der Neuen Rechten, Henning Eichberg, und dessen Beziehung zur politischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland 1970–2005. Im folgenden Abschnitt geht es um eine Kritik an der Historikerin Christiane Eisenberg und ihrer Rezeption von Eichberg und der Olympiade 1936 sowie um das dort uraufgeführte Stück „Olympische Jugend“ von Carl Diem. Ohne extra Einleitung für diesen Blog geht es medias in res:

 

(…)

 

Die Historikerin Christiane Eisenberg schließlich rezipiert Eichbergs Thingspiel-Analysen[1] in ihrer Habilitationsschrift von 1997, wo dieser als Anwalt der ›guten Seiten des Nationalsozialismus‹ gezielt herangezogen wird. Sie versucht die Bedeutung des englischen Sports für die Ausbildung bzw. Durchsetzung der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert herauszuarbeiten. Für mich ist hier nur ihr Kulminationspunkt von Interesse: die Olympiade 1936. Eisenberg versucht dem Sport ein Eigenleben auch und gerade unter den Bedingungen eines Herrschaftssystems wie dem Nationalsozialismus, welchem damit gleichsam ein ganz normaler Platz im Pantheon der (Sport-)Geschichte gesichert werden soll, zuzugestehen.

»Für die Atmosphäre der Spiele war es darüber hinaus von kaum zu überschätzender Bedeutung, daß es reichlich Gelegenheit zur internationalen Begegnung und freien Geselligkeit außerhalb der Arenen gab. Gemeint sind hier weniger die Restaurants auf dem Reichssportfeld und auch nicht die zahllosen Empfänge und Partys der Nazigrößen. Das Urteil gründet sich vielmehr darauf, daß der Großteil der männlichen Athleten in einem Olympischen Dorf untergebracht wurde, so wie es erstmals bei den vorangegangenen Spielen in Los Angeles 1932 versucht worden war (Abb. 29). Hatte das OK [Olympische Komitee C. H.] zunächst geplant, dafür eine bereits bestehende Kaserne zu renovieren, so ergab sich 1933 auf Vermittlung Walter v. Reichenaus die Chance, Neubauten zu bekommen. In der Nähe eines Truppenübungsplatzes in Döberitz/Brandenburg wurden in einem landschaftlich reizvollen Gelände 140 ›kleine Wohnhäuser‹ für das Infanterie-Lehrregiment gebaut, deren Erstbezieher 3.500 Sportler wurden. Es gab Sporthallen, ein offenes und ein überdachtes Schwimmbad, Spazierwege, Blumenbeete und Terrassen mit Liegestühlen. Zu den Gemeinschaftsräumen gehörten eine vom Norddeutschen Lloyd bewirtschaftete Speiseanstalt mit internationaler Küche und ein Kino.«[2]

 

Eisenberg will einer neuen Sicht auf den Nationalsozialismus den Weg ebnen. In gezielter Negierung gesellschaftlicher Totalität isoliert sie Momentaufnahmen aus ihrem Kontext, um deren Allgemeingültigkeit, ja Universalität, kurz, das moderne Moment zu würdigen. Denn »Blumenbeete und Terrassen mit Liegestühlen« sind ja eine feine Errungenschaft, in Berlin 1936 wenigstens so lobenswert wie in Los Angeles 1932, will sie suggerieren.[3] In diesem Kontext zieht Eisenberg Eichbergs Thingspiel-Publikation heran, um sie als »zurückhaltend« und »vorsichtig«[4] bezüglich der Einordnung der olympischen Spiele als »spezifisch nationalsozialistische Veranstaltung« zu bezeichnen.[5]

Ihr behagt die affirmative Darstellung Eichbergs weitaus mehr als die kritischen Reflexionen und Analysen bekannter und renommierter Sportwissenschaftler wie Hajo Bernett, Thomas Alkemeyer oder Horst Ueberhorst.[6] Auch die Untersuchungen des Politikwissenschaftlers Peter Reichel über den Schönen Schein des Dritten Reichs[7] qualifiziert Eisenberg ab:

»Diese Interpretation der Spiele vermag aus drei Gründen nicht zu überzeugen. Erstens ist das zugrundeliegende Argument methodisch fragwürdig, weil es nicht falsifizierbar ist. Wer immer das Gegenteil behauptet, daß Berlin 1936 ein Ereignis sui generis und der schöne Schein auch eine schöne Realität gewesen ist, riskiert es, als Propagandaopfer abqualifiziert zu werden.«[8]

Die Olympiade in Berlin 1936 sei ein ›Ereignis‹ ›sui generis‹ gewesen, gleichsam eine ›schöne Realität‹. Diese positivistische Abstraktion von jeglicher Gesellschaftsanalyse ist für nicht geringe Teile der Mainstream-Wissenschaft typisch. Ihre Argumentation steigert Eisenberg noch, indem sie Reichels Analyse im Reden von den vermeintlichen ontologischen Zwittern Sport und Propaganda untergehen lässt:

»Zweitens ist das Argument unergiebig, weil Sport und Propaganda wesensverwandt sind. Beide sind nach dem Prinzip der freundlichen Konkurrenz strukturiert, beide verlangen von den Akteuren eine Be-Werbung um die Gunst von Dritten (›doux commerce‹). Daß dabei geschmeichelt, poliert, dick aufgetragen, ja gelogen und betrogen wird, überrascht niemanden, weder in der Propaganda noch im Sport. Olympische Spiele sind, so gesehen, immer Illusion und schöner Schein; eben das macht ihre Faszination aus. Daraus zu folgern, daß Berlin 1936 eine um so wirksamere Werbemaßnahme für den Nationalsozialismus gewesen sein müsse, wäre jedoch kurzschlüssig. Denkbar wäre auch, daß Nutznießer der Propaganda der Sport war. Diese Möglichkeit hat jedoch noch keiner der erwähnten Autoren geprüft.«[9]

Eisenberg will sagen: So schlimm kann der Nationalsozialismus doch nicht gewesen sein, wenn ein so zentrales Moment für moderne, freizeit- und spaßorientierte Gesellschaften wie der Sport, gar ein ›Nutznießer‹ dieses politischen Systems war.

Diese eben zitierte Passage von Eisenberg ist Ausdruck eines Wandels politischer Kultur in der BRD. Ungeniert lässt sie den Nationalsozialismus, am Beispiel der Olympischen Spiele von 1936, im Kontinuum bürgerlicher Gesellschaft, die eben im Sport ›wesenhaft‹ lüge, dick auftrage und schmeichele, aufgehen. Es ist nun gerade Eichberg, dem diese Darstellung entgegenkommt. Ich sehe es nicht als Zufall an, dass Eisenberg aus der Fülle von Analysen zum Thingspiel gerade seine Arbeit heranzieht.

So wie Eichberg das Thingspiel in die Geschichte des Arbeiterweihespiels, des Agitprop-Theaters, des Sprechchorgesangs etc., sprich der Arbeiterkulturbewegung einreiht, so versucht er gezielt den Bruch, den die in der Tat nationale Revolution des Nationalsozialismus bedeutet, als Kontinuität darzustellen. Für ihn ist das Thingspiel die Konsequenz vor allem Weimarer Versuche, Theater massenwirksam zu gestalten. Dass einer der Protagonisten dieser Ideen, Ernst Toller, 1933 ins Exil gehen musste, spielt in dieser auf die Konfiguration fixierten Analyse keine Rolle.

Eisenberg treibt Eichbergs Apologie des Thingspiels auf ihre Art zu einem weiteren Kulminationspunkt: Wie soll es nach der auf internationale »Verständigungspolitik« ausgerichteten Weimarer Republik[10] möglich gewesen sein,

»daß die Olympiapropaganda nach 1933 plötzlich eine Nazifizierung der Athleten und des sportinteressierten Publikums bewirkte? Mußte nicht zuvor eine Versportlichung der Nazis erfolgt sein[11]

 

Für Eichberg zeigt sich im ›olympischen Zeremoniell‹ die Kontinuität der mit »Weihe- und Feierspiele« »zusammenhängenden Verhaltensformen« über die »Veränderungen um 1937/45« hinaus.[12] Deshalb geht er gegen Ende seines Beitrages im Thingspiel-Band auf das während der Olympiade uraufgeführte ›Weihespiel‹ »Olympische Jugend« von Carl Diem ein.[13] Die verschiedenen Bilder dieses Spiels mit über 10.000 Teilnehmern werden dargestellt und einige zentrale Stellen ausführlich zitiert. Es geht in diesem olympischen Weihespiel um »›Kampf um Ehre, Vaterland‹«[14] (im ersten Bild), was ihn bei der Analyse des dritten Bildes unter Hinzuziehung einer zeitgenössischen Darstellung ausführen lässt:

»Während sich die Mädchen zum weiten Rand der Arena zurückziehen und diesen säumen, stürmen von der Ost- und Westtreppe Tausende von Knaben in das Spielfeld, lassen die Romantik aller Jugend aufklingen, indem Jugendgruppen verschiedener Nationen um Lagerfeuer geschart Volkslieder ihrer Heimat singen«.[15]

Gerade vor dem Hintergrund Eichbergs politischer Biografie, zu denken ist an sein Zeltlager 1966 in Südfrankreich (vgl. I.5), ist die Beschreibung einer weihevollen, heimatumwobenen (jugendlichen) Zeltlager-Stimmung des Jahres 1936 im nationalsozialistischen Deutschland bezeichnend. Die Jugend sieht ihrem Selbst-Opfer ins Gesicht:

»Allen Spiels heil’ger Sinn: Vaterlands Hochgewinn. Vaterlandes höchst Gebot in der Not: Opfertod!«[16]

Eisenberg ordnet diesen Opfertod folgendermaßen ein: das Diemsche »Festspiel« werde

»in der sport- und tanzhistorischen Literatur als Verherrlichung des ›Opfertodes‹ für die nationalsozialistische ›Volksgemeinschaft‹ interpretiert – was nicht zu überzeugen vermag. Erstens gehörte die Opferrhetorik schon in der Weimarer Republik zum spezifisch deutschen Sportverständnis (…) Zweitens haben die Zeitgenossen des Jahres 1936 die Szene ohne Zweifel mit dem Ersten Weltkrieg und nicht mit dem bevorstehenden Zweiten in Verbindung gebracht.«[17]

Auch wenn sich die Historikerin Eisenberg ganz sicher ist (»ohne Zweifel«), bleibt zu betonen: die Erinnerung an die deutschen Toten des I. Weltkriegs war sehr wohl die Vorbereitung auf den II. Der ›Langemarck-Topos‹ der Jugend, des Opfers und des Nationalen[18] kommt hierbei zu olympischen Ehren. Die internationale Anerkennung der Spiele ist Zeichen des Appeasements dem nationalsozialistischen ›Aufbruch‹ gegenüber.

Wenn in einem Buch von 1933 ausgeführt wird:

»›Daraus erhellt, daß bei Ausbruch des Krieges der Zukunft die Ausbildung künftiger Langemarckkämpfer um ein mehrfaches verlängert und die Material- und Munitionsmenge für heutige Schlachten um ein Vielfaches vermehrt werden muß‹«[19],

so muss gerade eine solche Interpretation des Langemarck-Topos ernst genommen und nicht, wie bei Eisenberg, als quasi Weimarer Tradition, die zufällig 1936 wieder hervortritt, verharmlost werden. Dagegen ist die Kontinuität von ‘33 bis ‘36 zu sehen, die soeben zitierte Passage von ‘33 bekommt im Festspiel von Diem eine internationale Beachtung findende Weihe:

»So wurde im Glockenturm des Berliner Olympia-Stadions eine Gedächtnishalle für die Toten von Langemarck eingerichtet, und Carl Diems Eröffnungsspiel der Olympiade von 1936 endete mit ›Heldenkampf und Totenklage‹; eine Division des Hitlerschen Ost-Heeres bekam den Namen ›Langemarck‹«.[20]

 

Ein weiterer Kritikpunkt, ganz eng am Diemschen Spiel und seinen Protagonisten wie der Ausdruckstänzerin Mary Wigman[21] orientiert, ist folgender: es lässt sich gut zeigen, wie Wigmans Auffassung von Opfertod Diems Weihespiel in diesem Punkt inhaltlich bzw. choreographisch bereits vor ‘33 antizipiert hat, so am

»Stück ›Totenmal‹, einem Drama von Albert Talhoff, welches von Talhoff und Wigman 1930 gemeinsam inszeniert wurde, wobei Wigman die tänzerische Choreographie übernahm. Das Werk wurde zum Gedenken an die Gefallenen des 1. Weltkriegs geschrieben. (…) [Zudem] ist dieses Werk ein Prototyp nationalsozialistischer Inszenierungen, zum einen wegen des Themas (Verehrung der gefallenen Soldaten) zum anderen wegen der Form (die Inszenierung stellt eine Kombination aus Sprechchor und Bewegungschor dar).«[22]

 

Waren schon die »Tanzfestspiele 1935« eine »Propagandaveranstaltung für den deutschen Tanz nationalistischer Prägung«[23], so kulminierte das im olympischen Jahr im Weihespiel von Diem, an dem Wigman aktiv beteiligt war. Micha Berg weist auf die zentrale Bedeutung von Symbolik[24] für das nationalsozialistische Deutschland hin und zitiert den völkischen Vordenker Alfred Baeumler:

»Das Symbol gehört niemals einem Einzelnen, es gehört einer Gemeinschaft, einem Wir. Dieses Wir ist nicht ein Wir des gesinnungsmäßigen Zusammenschlusses von Persönlichkeiten, ist nicht ein nachträgliches Wir, sondern ein ursprüngliches. Im Symbol sind Einzelner und Gemeinschaft eins. (…) Das Symbol ist unerschöpflich, in ihm erkennt sich sowohl der Einzelne wie die Gemeinschaft.«[25]

 

Es ist genau diese Prädominanz, die geradezu onto-theologische Setzung eines (deutschen) Wir, welches Eichbergs politische Theorie kennzeichnet. Er versucht zwei Momente des nationalsozialistischen Deutschland für seine neu-rechte Theorie der 1970er Jahre zu koppeln: einerseits, als Wink für traditionsbewusste, ›treue, alte Kameraden‹, den Bezug zu Militarismus, Sterben, Tod und Opfer-Metaphorik, wie er nicht nur bei Euringer vorkommt, andererseits im Rekurs auf die Arbeiterbewegung und -kultur einem neu-rechten Diskurs eine Bresche zu schlagen, sowie ohne Berührungsängste gewisse Facetten linker Geschichte mitsamt deren Vokabular aufzunehmen. Sein Insistieren auf der massenhaften Spontaneität der Deutschen beim Verfassen von trivialen Thingspielen ab 1933[26] ist ein Zeichen für einen ›Aufbruch‹. Während Eichberg dem Thingspiel Mitte der 1970er Jahre seine Weihe gab, ist es spätestens heute – via Stadionspiel von 1936 – mit Eisenberg im akademischen Establishment angekommen.[27]

 

Eisenberg beharrt darauf: Diems Festspiel ende doch mit Beethovens »Schlußchor der IX. Sinfonie mit der ›Ode an die Freude‹ von Friedrich Schiller«,[28] was Ausdruck von ›Kunst‹ sei. Auch Eichberg schließt seine diesbezügliche Darstellung: es habe sich am Ende ein »goldener Glanz über alles Leben und Treiben des Alltags gebreitet.«[29] Dieser ›goldene Glanz‹ kehrt heute in Eisenbergs vor Affirmation strotzender Sprache als »zivile Sportgeselligkeit« mit »Eigenweltcharakter« in der Darstellung des Sports im Nationalsozialismus wieder.[30] Sie schließt ihre Arbeit, indem sie nicht nur dem Sport unterm NS mehr Möglichkeiten als noch in der Weimarer Republik attestiert, sondern auch, den II. Weltkrieg als »Beeinträchtigung des Wettkampfbetriebs«[31] euphemisierend, dem Nationalsozialismus bescheinigt, er habe den »Sport« zuungunsten des Turnens gewinnen lassen, was sie als »Rahmen für den Sport in der Bundesrepublik« für gut erachtet.[32]

 

 

[1] Es geht hierbei nur um den Band von Eichberg 1977 [Henning Eichberg (1977) Thing-, Fest- und Weihespiele in Nationalsozialismus, Arbeiterkultur und Olympismus. Zur Geschichte des politischen Verhaltens in der Epoche des Faschismus, in: Henning Eichberg u. a. (Hg.) (1977a), Massenspiele. NS-Thingspiel, Arbeiterweihespiel und olympisches Zeremoniell, Stuttgart-Bad Cannstatt (frommann-holzboog; problemata 58), S. 19–180], nicht um den Aufsatz von 1976 [Henning Eichberg (1976) Das nationalsozialistische Thingspiel. Massentheater in Faschismus und Arbeiterkultur, in: Ästhetik und Kommunikation, Jg. 7. (1976), H. 26, S. 60–69; ebenfalls auf Englisch als Henning Eichberg (1977b) The Nazi Thingspiel, in: New German Critique, No. 11, pp. 133–150].

[2] Christiane Eisenberg (1999): »English sports« und Deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800–1939, Paderborn u. a. (Ferdinand Schöningh), S. 418.

[3] Völlig selbstverständlich, ja stolz präsentiert sich das ehemalige Gelände des olympischen Dorfes von 1936 im brandenburgischen Döberitz am Tag des offenen Denkmals im Jahr 2004, Kritik ist hier a priori ausgeblendet, vgl. die affirmative Ankündigung zum Tag des offenen Denkmals im Tagesspiegel, 11.09.2004.

[4] Eisenberg 1999: 414, Anm. 112.

[5] Ebd.: 414.

[6] Vgl. ebd., Anm. 110, Anm. 112, Anm. 113.

[7] Vgl. Reichel 1991.

[8] Eisenberg 1999: 410. Eisenbergs Einspruch erweist sich einmal mehr als Ressentiment, wenn sie an eben zitierter Stelle folgende Anm. platziert: »Dies [dass also der schöne Schein eine schöne Realität war, C. H.] haben z. B. jene ehemaligen Olympiateilnehmer erfahren, die 1986, anläßlich des 50. Jahrestags der Spiele, von der Presse um ihre Erinnerungen gebeten wurden und beharrlich die Meinung vertraten, sie hätten damals ›nur Sport‹ getrieben. Diese Zeitzeugen, die im Grunde nichts anderes taten als die Diskrepanz zwischen der politikgeschichtlichen Perspektive ›von oben‹ und der für sie maßgebenden ›von unten‹ und ›von innen‹ zu benennen, mußten sich nachsagen lassen, sie seien unbelehrbar und politisch naiv, ja ›peinlich‹ [so Hajo Bernett, C. H.]« (ebd., Anm. 96). Kritisch zu Eisenberg: »Indem Eisenberg ihren gesellschaftsgeschichtlichen Ansatz aber auf die Augenzeugenperspektive verkürzt, läuft sie Gefahr, der NS-Propaganda nachträglich auf den Leim zu gehen« (Hans Joachim Teichler (2001): Besprechung von Christiane Eisenberg (1999): »English sports« und Deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800–1939, Paderborn u. a. (Ferdinand Schöningh), in: Sportwissenschaft, 31. Jg. (2001), Nr. 3, S. 334–342, hier S. 341).

[9] Eisenberg 1999: 410.

[10] Eisenbergs Perspektive lässt Mitgefühl mit den Opfern des Nationalsozialismus vermissen: »Der ganze Bereich Sportjournalismus, in dem sich – abgesehen vom Fehlen der jüdischen Kollegen – gegenüber der Weimarer Republik nichts Grundsätzliches geändert hatte« (ebd.: 419). Lapidar wird hier vom Kern des Nationalsozialismus, der Vernichtung der europäischen Juden und deren Vorbereitung durch soziale Exklusion, Goldhagen spricht treffend von der »Verwandlung der Juden in ›sozial Tote‹«, Goldhagen 1996: 118., abstrahiert, um von »Blumenbeeten« für Sportler während der Olympiade 1936 in Berlin zu reden.

[11] Eisenberg 1999: 411, Herv. C. H.

[12] Eichberg 1977:143. Genau diese Seite führt Eisenberg abschließend an, um Eichberg Recht zu geben in seinen Analysen. Allein schon die Zeiteinteilung »1937/45«, Eichberg meint ganz offensichtlich das vermeintliche Verebben der Thingspielbewegung 1937 und mit 1945 das Ende des Nationalsozialismus, ist eine Verharmlosung nationalsozialistischer Totalität. Dieser sehr einfache Trick Eichbergs, ein vermeintlich diskontinuierliches Moment des Nationalsozialismus hervorzuheben und zu einer Periode zu stilisieren, fällt Eisenberg entweder nicht auf oder sie affirmiert diese Sichtweise.

[13] Ebd.: 143–146.

[14] Ebd.: 144.

[15] Ebd.

[16] Ebd.: 145. Helmich stellt diesen Opfertod recht positiv dar: »Für Diem liegt in dieser Szene [der vorletzten von Olympische Jugend, C. H.], die die Olympische Flamme zum Sinnbild der Seele der Jugend werden läßt, der ›geistige Höhepunkt‹ des Spiels. Dessen eigentlicher Sinn aber erschließe sich im folgenden Bild, ›Heldenkampf und Totenklage‹«; es folgt die oben zitierte »Opfertod«-Passage, die weiter erläutert wird: »Für den Rezitator Joachim Eisenschmidt werden diese Verse wenige Jahre später zur Realität werden«, um schließlich mit dem »Anspruch der Tanzkunst« eines Rudolf von Laban die praktisch werdende Frage »Wann und wie darf ich töten« zu stellen, Helmich 1989: 209 f. In der Weimarer Republik war Laban »zum großen Guru des Ausdruckstanzes« avanciert, später konnte er die Olympische Jugend mit inszenieren, vgl. Horst Koegler (1980): Vom Ausdruckstanz zum »Bewegungschor« des deutschen Volkes: Rudolf von Laban, in: Karl Corino (Hg.) (1980): Intellektuelle im Bann des Nationalsozialismus, Hamburg (Hoffmann und Campe), S. 165–179, hier S. 171 bzw. S. 176.

[17] Eisenberg 1999: 427.

[18] Vgl. Uwe-K. Ketelsen (1985), ›Die Jugend von Langemarck‹. Ein poetisch-politisches Motiv der Zwischenkriegszeit, in: Thomas Koebner/Rolf-Peter Janz/Frank Trommler (Hg.) (1985): ›Mit uns zieht die neue Zeit‹. Der Mythos Jugend, Frankfurt a. M. (Suhrkamp; edition suhrkamp), S. 68–96, hier S. 75.

[19] Zitiert nach ebd.: 83.

[20] Ebd.: 95, Anm. 62. Auch Euringer spielt mit jenem Mythos: »Wir lagen an der Somme und so, vor Ypern, Verdun, ich weiß nicht wo« (Euringer 1933: 22).

[21] Eisenberg erwähnt Wigman ebenso wie Eichberg sie als »Hauptvertreterin des modernen Ausdruckstanzes« und »Schülerin von Laban« rühmt, vgl. Eichberg 1977: 143 und Eisenberg 1999: 427 f.

[22] Micha Berg (1994): Der deutsche Ausdruckstanz und seine Annäherung an den Nationalsozialismus. Eine Literaturarbeit zum Verhältnis von Sport und Politik im nationalsozialistischen Deutschland. Wissenschaftliche Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung für das Amt des Studienrats, Berlin, S. 63.

[23] Ebd.

[24] Vgl. hierzu auch Horst Ueberhorst (1989): Feste, Fahnen, Feiern. Die Bedeutung politischer Symbole und Rituale im Nationalsozialismus, in: Rüdiger Voigt (Hg.) (1989): Politik der Symbole. Symbole der Politik, Opladen (Leske + Budrich), S. 157–178, hier S. 168 f. Ueberhorsts Kritik an Diems Weihespiel steht allerdings neben einer Anführung von Eichbergs Thingspiel-Band von 1977, ohne dessen Apologie gerade auch Diems Weihespiel auch nur anzusprechen; umso inkonsistenter wirkt dieser Verweis als Ueberhorst in der gleichen Anmerkung die sehr bedeutsame Kritik Hajo Bernetts am Weihespiel Diems zitiert: »›Um das blutige Hinschlachten symbolisch zu verklären, intonierten 1 500 Sänger Freude, schöner Götterfunken. Zwei Flakbatterien blendeten ihre Scheinwerfer auf … Die Reizüberflutung der magischen Lichtregie ließ jedes nachdenkliche Wort auf den Lippen ersterben. Das Läuten der Olympiaglocke suggerierte das Gefühl, einer sakralen Handlung beigewohnt zu haben‹« (Hajo Bernett (1986): Symbolik und Zeremoniell der XI. Olmypischen Spiele in Berlin 1936, zitiert nach ebd.: 178, Anm. 20). Früher hat Ueberhorst Eichberg publiziert, vgl. Henning Eichberg (1980 ii): Sport im 19. Jahrhundert. Genese einer industriellen Verhaltensform, in: Horst Ueberhorst (Hg.) (1980): Geschichte der Leibesübungen Bd. 3/1, Berlin 1980, S. 350–412.

[25] Berg 1994: 63.

[26] Es handelte sich dabei »überwiegend um dilettantische Versuche« (Eichberg 1976: 61).

[27] Christiane Eisenberg ist Professorin an der Humboldt-Universität Berlin.

[28] Eisenberg 1999: 427. Vgl. auch folgende affirmative Darstellung bei Helmich: »Nach der ›Totenklage‹ [also dem letzten Bild, C. H.] folgt, wie stets bei diesem ganz auf Kontrastwirkung der einzelnen Bilder zielenden Festspiel, ein jäher Stimmungswechsel. Angenehmere und freudenvollere Töne sollen nun angestimmt werden verkündigt das Rezitativ, das den letzten Satz von Beethovens IX. Sinfonie, den eigentlichen Anlaß und Höhepunkt der ›Olympischen Jugend‹, einleitet. Das Landes-Orchester Gau Berlin und die vereinigten Hochschul-Orchester spielen unter der Leitung von Fritz Stein, alle, insgesamt mehr als 10.000 Mitwirkende strömen noch einmal in das Stadion ein. Hinter den Außenmauern strahlen 14 Flakscheinwerfer in die Höhe, treffen zusammen und vereinigen sich zu einem Gebilde, das wie eine Domkuppel aus Licht wirkt und auch der Höhepunkt folgender Stadionfestspiele Niedeckens sein wird« (Helmich 1989: 210). Hier, und nicht erst bei den Nürnberger Reichsparteitagen, wurde erstmals der ›Lichtdom‹ in Szene gesetzt und die technische Apotheose des NS zelebriert.

[29] Eichberg 1977: 146.

[30] Eisenberg 1999: 441.

[31] Ebd.

[32] Ebd.