Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Monat: Juni 2014

Hofiert eine Berliner Verfassungsrichterin einen palästinensischen Terrorverdächtigen auf einer Konferenz bei Brot-für-die-Welt?

Von Dr. phil. Clemens Heni

 

Brot-für-die-Welt, das bekannte evangelische „Hilfswerk“,

plant für den 7. Juli 2014 in Berlin eine Konferenz zum israelischen Sicherheitszaun bzw. zur Antiterrormauer. Einer der Redner soll Shawan Jabarin sein. Er war oder ist Mitglied der palästinensischen Terrororganisation PFLP, die seit den 1960er Jahren unter anderem für ihre Entführungen und die Ermordung von Juden und Israeli berüchtigt ist.

Jabarin wurde 2003 von Jordanien die Einreise verweigert, da Jordanien seine Terroraktivitäten fürchtet. Der israelische Oberste Gerichtshof hat Jabarin im Juni 2007 bescheinigt, eine Art Dr. Jekill/Dr. Hyde-Person zu sein, also einerseits Terror zu planen und zu verüben und andererseits den lächelnden und harmlosen Menschenrechts-Aktivisten zu spielen.

Shawan Jabarin

Jabarin ist Leiter der Nichtregierungsorganisation Al-Haq in Ramallah, die in antisemitischer Diktion Israel „Apartheid“ vorwirft, „Bewegungsfreiheit“ für Selbstmordattentäter fordert und gegen den Sicherheitszaun agitiert sowie Israel als jüdischen Staat ablehnt. Die antizionistische Agitationsseite Electronic Intifada promotet Jabarin als Interviewpartner.

Jabarin hat sich öffentlich für die „binationale Lösung“ ausgesprochen, also das Ende Israels. Im Oktober 2009 trat er auf einer Konferenz neben Omar Barghouti, dem Gründer der antisemitischen BDS-Bewegung, auf, die sich für den „Boykott Israels“ einsetzt.

Nun möchte die Berliner Juristin Prof. Dr. Heike Krieger von der Freien Universität Berlin und Richterin am Verfassungsgerichtshof Berlin gemeinsam mit dem unter Terrorverdacht Stehenden auf der Konferenz in Berlin auftreten. Aufgrund ihrer Publikationsliste ist Frau Krieger keine Expertin bezüglich dem Nahen Osten oder in Bezug auf Israel, die Hamas, islamistischen und palästinensischen Terror. Auch zu Antisemitismus, Antizionismus, Islamismus oder der Ideologie der PFLP scheint sie noch nicht, jedenfalls nicht eingehend, geforscht zu haben. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass sie auf einer so speziellen Konferenz, die nur gegen Israel gerichtet ist, auftritt, hat sie doch offenbar bezüglich Israel gar keine Expertise vorzuweisen. Auch mit Bombenanschlägen gegen Israel oder der jahrelangen Kampagne gegen Israels Sicherheitszaun und anderen Delegitimierungskampagnen gegen den Judenstaat scheint sie sich noch nicht näher befasst zu haben, das ist jedenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr wirkt es, als ob sie mit juristischem Fachwissen helfen möchte, Israel zu delegitimieren und Terrorabwehr zu erschweren.

Prof. Dr. Heike Krieger, Freie Universität Berlin

Krieger selbst macht in ihrer Vortragsankündigung gar keinen Hehl daraus, worum es ihr geht:

 „States’ and the EU’s duty of non-recognition and obligation not to render aid or assistance in maintaining the situation created by the construction of the wall;“

[Die Verpflichtung von Staaten und der EU, die Mauer nicht anzuerkennen und weder Unterstützung noch sonstige Hilfe bei der durch die Mauer entstandenen Situation zu leisten;]

Von einer neutralen Forschungsfrage kann hier keine Rede sein. Vielmehr übernimmt Frau Krieger unhinterfragt das palästinensische Narrativ.

Am 31. Juli 2002 explodierte in der Frank Sinatra Caféteria an der Hebräischen Universität Jerusalem eine Bombe. Neun Menschen verloren dabei ihr Leben, fünf Israeli und vier Amerikaner. 85 Menschen wurden verletzt. Damals gab es noch keinen Sicherheitszaun; palästinensische Terroristen wie die Hamas, die sich stolz zu dem Mordanschlag bekannte, konnten ungehindert solche Verbrechen begehen.

Durch eine Bombe der Terrororganisation Hamas zerstöre Frank Sinatra Caféteria, Hebräische Universität Jerusalem, 31. Juli 2002; neun Tote, 85 Verletzte

Der Historiker und Antisemitismusforscher Robert S. Wistrich entkam damals nur knapp dem Mordanschlag, da er wenig zuvor in der Caféteria war. Ich war selbst im Dezember 2002 erstmals in dieser Caféteria. Als ich Ende Mai 2014 im Rahmen einer Konferenz gegen Antisemitismus mal wieder in der Caféteria war, war die Erinnerung an den Anschlag noch wach.

Einige Konferenzteilnehmer, die wie ich im Gästehaus der Hebräischen Universität in unmittelbarer Nähe der Frank Sinatra Caféteria übernachteten, erzählten mir von ihrem mulmigen Gefühl und einer gewissen Angst, dort zu übernachten. Zwar ist die Hebräische Universität auf dem Mount Scopus heutzutage gesichert, aber das ist immer relativ. Doch ohne den Sicherheitszaun wäre die Situation weit gefährlicher, in ganz Israel.

Frau Heike Krieger hat einen sicheren Arbeitsplatz in Berlin-Dahlem und sie muss auch nicht fürchten, dass eine Uni-Caféteria oder die beliebte Patisserie Aux Delices Normands an der Ecke Ihnestr./Garyst., unweit der Boltzmannstr., wo Frau Krieger arbeitet, von Terroristen in die Luft gesprengt werden.

Aux Delices Normands, Berlin-Dahlem, Ihnestr.

 

 

Der israelische Sicherheitszaun bzw. die Sicherheitsmauer haben unzählige palästinensische und andere Terroristen und Selbstmordattentäter und Selbstmordattentäterinnen abgehalten, Juden zu ermorden. Offenbar möchte Heike Krieger den Krieg gegen die Juden wieder ungehindert möglich machen.

Ist nicht die Entführung von drei israelischen Jugendlichen vor wenigen Tagen im Westjordanland Grund genug für jedwede Antiterrormaßnahme Israels? Selbst Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas hat in nie da gewesener Form die Entführung der israelischen Teenager kritisiert, und das in arabischer Sprache auf einer Konferenz der Organisation Islamischer Staaten (IOC), die nicht gerade dafür bekannt ist, sich für die Rechte von Juden einzusetzen. Darauf weist der bekannte israelische Journalist Ben-Dror Yemini in einem Kommentar hin.

Brot-für-die-Welt möchte nun offenbar das Entführen von Israeli tolerieren, indem es einen wegen Beihilfe zum Terror gegen Israeli verurteilten Mann wie Shawan Jabarin einlädt. Brot-für-die-Welt stellt sich damit in ungewohnt offener Weise gegen den jüdischen Staat, schweigt zu islamistischem und palästinensischem Terror, die ja der einzige Grund für diesen Sicherheitszaun bzw. die Antiterrormauer sind.

Das Verhalten von Heike Krieger ist nicht nur wissenschaftlich problematisch. Es ist nicht einfach so zu goutieren, dass eine von Repräsentanten der Bevölkerung Berlins gewählte Richterin mit Terrorverdächtigen kooperiert, sich gegen Antiterrormaßnahmen Israel wendet und somit dem Judenhass und der Ablehnung Israels als jüdischer Staat Vorschub leistet.

Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes Berlin

Die Beteiligung von Heike Krieger an der geplanten Konferenz am 7. Juli ist ein politischer und wissenschaftlicher Skandal. Auch das Berliner Abgeordnetenhaus sollte sich damit befassen, immerhin wurde Frau Krieger für sieben Jahre als Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof gewählt.

Als unabhängige Wissenschaftlerin und Richterin hat sich Frau Krieger mit ihrer Zusage zu dieser antiisraelischen, den Terror gegen Juden verniedlichenden Konferenz, diskreditiert.

 

Der Verfasser, Dr. phil. Clemens Heni, ist Politikwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), www.bicsa.org.

 

Holocaust distortion: from the Baltics and Europe to the US Congress

The Times of Israel, June 11, 2014

On the eve of the 70th anniversary of D-Day (6 June 2014) and the 75th anniversary of the start of the Second World War (1 Sept), some American politicians have sadly been ensnared by the propaganda of antisemitic East European Holocaust revisionists. On 21 May, the House of Representatives passed, stuck on to a military appropriations bill, Amendment 134, Section 1266. It is rather a kind of moral support for European nationalists like in the Baltics, and has not much to do with the United States. This amendment distorts the Shoah and denies its uniqueness and unprecedented character which wiped out most of European Jewry. One part reads:

“(5) The extreme forms of totalitarian rule practiced by the Soviet Communist and Nazi regimes led to premeditated and vast crimes committed against millions of human beings and their basic and inalienable rights on a scale unseen before in history.”

This denies what Auschwitz stood for: the extermination of Jews because they were Jews. Nothing the like ever happened under Soviet rule. Not even vague equalization between the Shoah and Soviet crimes can be posited. To the contrary, it was the Red Army, not the US or British army, that liberated Auschwitz. It was the Soviet Union that provided refuge for those East European Jews who managed to flee in late June 1941, and it was the Soviet Union that liberated the tiny remnants alive in various parts of Eastern Europe in 1944 and 1945. It was the USSR that put up a gargantuan lonely struggle from 1941 to 1944 and that made D-Day possible.

The following point in the Congressional amendment is equally horrible and wrong:

“(6) Fleeing the Nazi and Soviet Communist crimes, hundreds of thousands of people sought and found refuge in the United States.”

This distorts the fact, again, that Germans and National Socialism tried to annihilate all Jews in Europe. The Soviet Union never ever tried to annihilate an entire population just because of its very existence. Jews were killed by the Germans (and their allies, particularly their enthusiastic nationalist East European allies behind the current amendments in the first place) because of their being Jews. Nothing the like happened in the Soviet Union.

Then, the congressional resolution goes one step further and equates Nazi Germany to postwar Soviet satellite state East Germany (the GDR):

“(7) August 23 would be an appropriate date to designate as ‘Black Ribbon Day’ to remember and never forget the terror millions of citizens in Central and Eastern Europe experienced for more than 40 years by ruthless military, economic, and political repression of the people through arbitrary executions, mass arrests, deportations, the suppression of free speech, confiscation of private property, and the destruction of cultural and moral identity and civil society, all of which deprived the vast majority of the peoples of Central and Eastern Europe of their basic human rights and dignity, separating them from the democratic world by means of the Iron Curtain and the Berlin Wall.”

Americans are known for their inability to understand what the term “deportation” means in discussions of the World War II era. When I spoke recently in Jerusalem about Jews being exiled by Stalin I did not use the word deported. That is because that word implies, in the context of World War II the deportation to a list of some very specific destinations: Auschwitz, Sobibor, Treblinka, Babi Yar and all other places of extermination of the Jewish people.

To equate the Holocaust to the Berlin Wall is distorting the Holocaust in a major way and distorting the history of National Socialism. Using August 23 – the so called Hitler-Stalin pact – as a tool to deny the unprecedented crimes committed by Germans, is a symbol of the obsession of the self declared free world to distort the Shoah and to defame those who were at the forefront of fighting Nazi Germany: the Red Army of the Soviet Union. In addition to the Holocaust, Hitler’s German-Austrian army rapidly murdered millions of Soviet citizens in addition to the Holocaust.

Many of those who collaborated with the German Nazis, like the OUN in Ukraine (Bandera and the Banderists), the Lithuanian Activist Front (LAF) or the Waffen SS legions in Estonia and Latvia are today portrayed as national heroes in these countries, to the stunning silence of the United States that seems willing to let is own vast wartime sacrifice be manipulated as long as the false rewriting of history serves today’s short-term East-West politics (which are another matter entirely). [For more background, see a recent article by Dovid Katz in the Times of Israel about Ukraine.]

To compare the Soviet occupation of the Baltics to Nazi Germany, and to declare them implicitly or explicitly equal as in the recent Congressional resolution based on the East European far right’s 2008 “Prague Declaration,” constitutes yet another case of modern-day Holocaust distortion. I dealt with the Prague Declaration, Holocaust distortion and (German) secondary antisemitism – antisemitism because of and after Auschwitz – in recent years, both in English and German. To even mention the GDR in the context of the Shoah borders on Holocaust denial, as nothing remotely like the Shoah was ever inflicted upon citizens, foreigners or dissidents in the GDR.

I call upon fellow academics, particularly political scientists and historians, as well as human rights organizations, to wake up and stop abetting the new Holocaust denial that is based on East European nationalist proclamations of “equality” of Nazi and Soviet crimes. That such nonsense has crept unnoticed, and without public debate, into an American congressional resolution, is frankly alarming.

It is particularly alarming because many if not most scholars in Jewish Studies, Holocaust Studies, history, Nazi Germany, and related fields, are unable or unwilling to analyze and criticize Holocaust distortion.

 

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